Am Karfreitag gedenkt die Kirche des Leidens und Sterbens Jesu. Jesus wurde zum Tode verurteilt, gegeißelt, mit einer Haube aus Dornen „gekrönt“, er musste den Querbalken seines Kreuzes selbst den Hügel Golgota (hebräisch für Schädelstätte) hinauftragen und wurde dort gekreuzigt. Um die 6. Stunde nach alter römischer Zeitrechnung (heute um 15:00) stirbt Jesus am Kreuz. Daher versammeln sich Christen auf der ganzen Welt zu dieser Stunde zu einer liturgischen Feier, bei der die Passionsgeschichte aus dem Johannes-Evangelium verlesen wird.
Foto: Patricia Ehl (Der lächelnde Christus)
Das Kreuz
Es verbindet
Himmel und Erde,
Licht und Dunkel,
Gott und Mensch,
Zeit und Ewigkeit.
Es verkündet
Vergebung im Unrecht,
Versöhnung im Hass,
Frieden in der Rache,
Heil im Unheil.
Es verkörpert
die Leidenschaft Gottes,
die Bosheit des Menschen,
die Wunden des Lebens,
die Hingabe Jesu.
Es verwandelt
Leiden in Segen,
Verzweiflung in Vertrauen,
Untergang in Hoffnung,
Zerstörung in Liebe.
Es verheißt
Zukunft im Scheitern,
Trost in der Trauer,
Sinn in der Torheit,
Leben im Sterben.
© Paul Weismantel
Das Turiner Grabtuch, Fotografie des Gesichts, Positiv links, rechts Negativ (Kontrast etwas verstärkt)
Foto: Dianelos Georgoudis, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Das Kreuz mit dem Kreuz
Mit wie vielen Kreuzen beladen
gehen unzählige Menschen derzeit
ihren Weg durch ein Leben mit Krankheit,
voller Sorgen, Ängste, Nöte und Trauer?
Mit wie vielen Fragen richten
Menschen ihren Blick derzeit
auf das Kreuz Jesu und verbinden
ihr Kreuz und Leid mit dem seinen?
Mit wie vielen stillen Stoßgebeten
schauen Menschen erneut auf zum
Gekreuzigten, um in ihrem Schmerz
und Scheitern nicht zu verzweifeln?
Mit wie vielen guten Gedanken,
fürbittenden Gebeten und kleinen Gesten
sind Menschen einander derzeit
verbunden, um einander beizustehen?
Mit wie vielen Zeichen der Hoffnung,
der Anteilnahme und des Trostes
beschenken und bestärken Menschen
einander derzeit auf wunderbare Weise?
Mit wie vielen Menschen können wir
gerade derzeit unsere Hoffnung teilen,
dass in der Schmach und Torheit
des Kreuzes Heil und Segen liegen?
© Paul Weismantel
Jenen, die Leid zufügen, verzeihen
Es sagt sich so leicht und kann
doch sehr schwer sein, einem
Menschen, der mich verletzt,
gekränkt oder beleidigt hat,
wirklich zu verzeihen.
Als schwache und fehlerhafte Wesen
fügen wir einander gedanklich, mit
Worten oder durch unser Verhalten
schweres seelisches Leid zu.
Solche Wunden können lange im
Verborgenen bluten oder auch
eitern, sie können wieder aufbrechen,
bis sie endlich als Narben verheilen.
Ein Unrecht, das ich verzeihe,
mache ich dadurch nicht ungeschehen, sondern
ich bin bereit, es zu vergeben,
um damit ausgesöhnt und versöhnt zu sein.
Das kann ich oft nicht aus eigener Kraft,
wohl aber mit Gottes Geist
als gutem Beistand.
© Paul Weismantel