Brief an die heilige Corona​

  • 24. Mai 2020

Letzte Änderung: 24. Mai 2020

Wer hätte das gedacht? Es gibt sogar eine heilige Corona. Das Bild unten zeigt einen Ausschnitt aus dem Votivbild der Pfarrkirche St. Corona am Wechsel. Die hl. Corona ist vor allem in Bayern und Österreich bekannt und wird unter anderem als Schutzpatronin gegen Seuchen (Epidemien) verehrt.

Der Franziskanerpater Helmut Schlegel hat einen Brief an die hl. Corona verfasst. Wir danken sehr herzlich für seine Genehmigung zur Veröffentlichung auf unserer Homepage.

Liebe heilige Corona!

Brief in einer schweren Zeit

Schon seltsam, dass ich dich durch ein bösartiges Virus kennengelernt habe. Bisher wusste ich gar nicht, dass es dich gibt. Eine WhatsApp mit Bild und Text klärte mich auf: Du bist eine frühchrist­liche Märtyrerin und wirst auch als Patronin des Geldes und der Schatzgräber verehrt.

Tatsächlich haben viele Menschen jetzt Geldsorgen. Das Coro­na-Virus bringt Gastwirte, Einzelhändler, Handwerker, Selbstständige und viele andere in existentielle Nöte. Ihre Sorgen kann ich gut verstehen, aber ich hoffe weniger auf ein Wunder als vielmehr auf großzügige und unbürokratische Hilfen für die Betroffenen.

Allerdings wäre es falsch, nur die Politik in die Pflicht zu nehmen. In dieser Krise ist das Zusammenstehen aller gefragt. Solidari­tät und Rücksicht sind hilfreich, egoisti­sche Hamsterkäufe sind es nicht! Es ist eine Realsatire, dass bei uns in Deutsch­land ausgerechnet das Klopapier aus­geht.

Toll, was ich gelesen habe: Vielerorts er­klären sich Jugendliche und junge Er­wachsene bereit, Risikopatienten und solche in Quarantäne zu unterstützen, indem sie für diese einkaufen oder mit ihnen telefonieren. Ich bin sicher, die jugendliche Solidarität freut dich, liebe heilige Corona. Auch du hast bereits als Jugendliche unbeirrt deinen Glauben und deine Werte gelebt.

Ich werde dich nicht darum bitten, die Pandemie durch ein Wunder aus der Welt zu schaffen. Vieles liegt jetzt an uns selbst. Wir sollten vorsichtig und rücksichtsvoll miteinander umgehen und das Virus meiden wie der Teufel das Weihwasser. Apropos Weihwasser: Ist es nicht verrückt, dass sich das Teufels­zeug mit Namen Sars-CoV-2 auch in diesem heiligen Gewässer aufhält? Da hilft nur eines: einen großen Bogen drum machen!

Es soll ja Leute geben, die glauben, das Virus sei von Gott geschickt – als Strafe für gottloses Verhalten. Ich halte es lieber mit Jesus. Er lehrt: Man kann den Teufel nicht mit Beelzebul austreiben.. Will sagen: Gott hat es nicht nötig, das Böse mit dem Bösen zu besiegen.

Ich werde dich nicht darum bitten, die Pandemie durch ein Wunder aus der Welt zu schaffen. Vieles liegt jetzt an uns selbst. Wir sollten vorsichtig und rücksichtsvoll miteinander umgehen und das Virus meiden wie der Teufel das Weihwasser. Apropos Weihwasser: Ist es nicht verrückt, dass sich das Teufels­zeug mit Namen Sars-CoV-2 auch in diesem heiligen Gewässer aufhält? Da hilft nur eines: einen großen Bogen drum machen!

Es soll ja Leute geben, die glauben, das Virus sei von Gott geschickt – als Strafe für gottloses Verhalten. Ich halte es lieber mit Jesus. Er lehrt: Man kann den Teufel nicht mit Beelzebul austreiben.. Will sagen: Gott hat es nicht nötig, das Böse mit dem Bösen zu besiegen.

Vor allem wir Älteren sind von diesem Virus bedroht, sagen die Ex­perten. Und sie raten zu Recht, uns besonders in Acht zu nehmen. Soviel Fürsorge und Achtung tut gut, offensichtlich gehören wir doch nicht zum alten Eisen. Wir werden hoffentlich unsererseits nicht vergessen, unsere Verantwortung für die Gesellschaft wahr­zunehmen.

Hat die Corona-Zeit nicht auch ihre Chancen? – Ich habe ein paar Vorsätze gefasst. Zum Beispiel, in der freien Zeit wieder mal kräftig aufzuräumen. Altes und Überflüssiges zu entsorgen. Nicht nur alte Sachen in den Regalen und Schubladen. Auch alte Vorurteile und Überzeugungen gehören raus. Veranstaltungen fallen aus, So­zialkontakte sollen gemieden werden. Ich werde viel Zeit zuhause verbringen. Das ist Zeit für mich. Ich kann nachdenken, lesen, me­ditieren, beten. Diese ganz spezielle Fastenzeit eignet sich gut dafür.

Ich möchte angesichts der Corona-Krise hierzulande die weitaus größeren Probleme in der Welt nicht vergessen. Die Kli­makrise und der Hunger in der Welt werden uns noch jahrzehnte­lang bedrängen. Das Schicksal der Menschen, die fluchtartig ihr Land verlassen müssen, weil sie um Leib und Leben fürchten, oder der an der Grenze Europas Gestrandeten kann uns auch in der Co­rona-Krise nicht kalt lassen.

Ein Letztes: Viele finden es schlimm, dass sogar die Gottesdienste abgesagt wurden. Mir hat ein Satz im Evangelium des 3. Fasten­sonntags geholfen. Jesus sagt zur Samariterin: »Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jeru­salem den Vater anbeten werdet«, sondern »im Geist und in der Wahrheit« (Joh 3, 23f). Meine Gottesbeziehung ist also weder an bestimmte Orte noch an feste Rituale gebunden – auch nicht an das Sonntagsgebot. Es gibt viele Möglichkeiten, die Freundschaft mit Gott zu pflegen. Gerade jetzt, da ich mehr Zeit habe. Gottes Geist und Wahrheit begegnen mir immer und überall.

Helmut Schlegel OFM