Die Ausstellung IKONA.Heilige Frauen in der orthodoxen Kunst im Museum Angewandte Kunst beinhaltet ikonische Darstellungen weiblicher Heiliger in großer Vielfalt, und obwohl die meisten der heiligen Frauen schon vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden gelebt haben, sind ihre Lebensgeschichten (leider) überraschend aktuell und unterscheiden sich gar nicht so viel von denen heutiger Frauen.
Ikonen von Protagonistinnen der Religionsgeschichte zeigen Eva, die Urmutter; die Gottesmutter Maria, DIE Heilige schlechthin; Frauen des Neuen Testaments wie Maria Magdalena oder die Samariterin am Jakobsbrunnen, die sogar den vielsagenden Namen Photina (= die Erleuchtete) erhält; Märtyrerinnen wie Thekla, die eigentlich als Mann verkleidet mit dem Apostel Paulus reisen wollte, was dieser zwar verweigerte, aber aufgrund ihrer Beharrlichkeit schließlich einlenkte und sie zumindest ermächtigte, das Wort Christi zu verkündigen.
Die „jüngste Heilige“ der Austellung (Heiligsprechung 2015), Maryam al-Maslub, eine palästinensische Nonne, hat als junges Mädchen auf wundersame Weise einen versuchten Femizid religiös motivierter Gewalt überlebt.
Die Hl. Helena, Auffinderin des Kreuzes Christi in Jerusalem und Mutter des römischen Kaisers Konstantin, gehört zu den bekannteren unter den heiliggesprochenen Herrscherinnen. Unter den umstrittenen Vertreterinnen ist die Zarin Alexandra hervorzuheben. Die ganze letzte Zarenfamilie wurde kanonisiert, vor allem wohl wegen ihres (finanziellen) Einsatzes für die russisch-orthodoxe Kirche, politische Fehler des Zaren und daraus resultierendes Leid für die Bevölkerung wurden ignoriert.
Ikonen heiliger Helferinnen und Heilerinnen werden bei den unterschiedlichsten Krankheiten nicht nur zum Fürbittgebet benutzt, sondern selbst zur Medizin durch Auflegen auf kranke Körperregionen oder Einnahme von in Flüssigkeit gelösten Partikeln der Malschicht.
Eine Sonderstellung hat die Hl. Sophia (= Weisheit), die im Laufe der Zeit sogar eine „Geschlechtsumwandlung“ erfährt. Bereits im Judentum aber auch im gnostischen Philippusevangelium steht Sophia für die weibliche Seele Gottes, Quelle der (Ur-)Kraft, ist symbolische „Gefährtin“ Christi. Im Prolog des Johannesevangeliums wird Sophia zum Logos, der im Griechischen männlichen Vernunft. Der Logos wird als Jesus Christus geboren – Sophia wird männlich.